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SV Kornwestheim Handball: Spielberichte Männer 1

„Das habe ich tatsächlich noch gar nie erlebt“

Hans Christensen (Foto: Pressefoto Baumann)

Mit einem 28:27-Sieg im ersten Rückrundenspiel bei der TGS Pforzheim haben sich die Drittligahandballer des SV Kornwestheim aus dem Jahr 2015 verabschiedet. Es war der zweite Sieg in dieser Saison gegen den vermeintlichen Aufstiegsanwärter – und gleichzeitig einen der Ex-Vereine von SVK-Coach Hans Christensen, dessen Team nun auf Platz neun steht. Im großen Interview zum Jahresabschluss gibt der Übungsleiter zu, dass die beiden Erfolge doch nicht ganz alltäglich waren. Außerdem geht es um den Begriff der Wundertüte, die Rolle der neuen, jungen Spieler in der Mannschaft sowie darum, ob die überragende Rückrunde der vergangenen Saison möglicherweise so etwas wie ein Fluch gewesen sein könnte für den SV Kornwestheim. Herr Christensen, die TGS Pforzheim wird Ihr Team nach dieser Saison in unguter Erinnerung behalten. . . Ja, ich denke schon. Wir haben bei unseren beiden Siegen gegen sie sehr gut gespielt, ganz klar. Und umgekehrt haben wir sie nicht gut spielen lassen und haben sie maximal gestresst. Den Rest haben sie selbst erledigt. Die TGS Pforzheim ist einer Ihrer Ex-Vereine. Aber auf solche Sachverhalte geben Sie ja bekanntlich nicht viel. Oder sind diese beiden Siege in dieser Saison vielleicht doch etwas Besonderes für Sie? Natürlich ist es für mich schön, gegen Pforzheim zu gewinnen, auch wenn ich an meine Zeit dort keine schlechten Erinnerungen habe. Außerdem kann man vor und nach den Spielen gute Gespräche führen, weil man sich kennt. Aber in erster Linie geht es um die zwei Punkte, die ein Sieg gegen Pforzheim bringt. Zwei Punkte, die wir uns hart erkämpft und erarbeitet haben. Und insgesamt sind es nun sogar vier Punkte gegen ein Team, das vor der Saison als einer der Favoriten auf die vorderen Plätze gehandelt wurde. Das sind sie in meinen Augen auch immer noch. Unser Problem ist, dass wir anderweitig haben Punkte liegen lassen, bei Mannschaften, mit denen wir um den Klassenerhalt kämpfen. Aber diese vier Punkte gegen Pforzheim kann uns keiner mehr nehmen. Die oft unerwarteten Niederlagen gegen vermeintlich schwächere Teams: Würden Sie zustimmen, wenn einem bei Ihrem Team der Begriff Wundertüte in den Sinn käme? Wundertüte passt vielleicht nicht hundertprozentig. Aber wir passen uns sehr oft der Spielweise unserer Gegner an, was wir nicht tun sollten. Und durch die starke Rückrunde in der vergangenen Saison, durch die wir uns sehr viel Respekt geholt haben, sind alle Mannschaften, gegen die wir spielen, gut vorbereitet. Das macht es schwierig, und dabei haben wir oft Probleme, mental auf der Höhe zu sein. Die klasse Rückrunde mit elf Siegen als Fluch? Schwer zu glauben. . . Nein, das war natürlich schön und angenehm. Man muss aber auch sagen: Wir hatten keine Verletzungen, nicht mal einen Schnupfen. Und alle haben wirklich gut gespielt. Wir haben einiges an Glück gehabt, auch weil bei den Gegnern zum Teil Leistungsträger verletzt waren. Aber trotzdem muss man sich dieses Glück erst einmal erarbeiten, und das haben wir getan. Der Begriff Wundertüte bezieht sich zunächst auch eher auf die blanken Resultate: Da schlägt man mit der SG Nußloch eines der Top-Teams der Liga, um einige Wochen später gegen den Tabellenletzten TV Zweibrücken deutlich zu verlieren. Das kann man dann vielleicht schon als Wundertüte bezeichnen. Das ist aber eine Kopfsache. In einem Spiel wie gegen Zweibrücken haben wir den Druck, weil wir eigentlich gewinnen müssen. Und damit umzugehen ist schwieriger, als gegen Nußloch frei von der Leber weg spielen zu können. Das fällt den Jungs viel leichter. Ihre Mannschaft ist nun Neunter, hat nur eines der vergangenen vier Spiele verloren. Wie wichtig ist es für die Psyche der Spieler, den Jahreswechsel auf einem Platz über dem Strich begehen zu können? Wir sind auf einem Nicht-Abstiegsplatz. Das ist vom Kopf her etwas ganz Neues. Im vergangenen Jahr waren wir zu diesem Zeitpunkt Vorletzter und das Jahr davor, als ich noch nicht Trainer war, ebenfalls. Somit ist es in der 3. Liga das beste Ergebnis aller Zeiten nach einer Hinrunde für den SVK. Nur kaufen können wir uns davon sicherlich nichts, wenn wir am Ende der Saison auf einem Abstiegsplatz stehen. Lassen Sie uns über einige Personalien im Team des SV Kornwestheim sprechen. Zunächst: Man erlebt wohl nicht alle Tage, dass sich, wie im Spiel gegen Nußloch geschehen, beide Torhüter einer Mannschaft verletzen. Das habe ich tatsächlich noch gar nie erlebt. Aber klar, das war eine Herausforderung, der wir uns da stellen mussten. . . . . .und für die Sie Max Schneider aus der zweiten Mannschaft in den Kader geholt und den Ex-Kornwestheimer Christian Schach reaktiviert haben. Und dass wir die folgenden Spiele verloren haben, lag sicher nicht an den Leuten, die dann ins Tor kamen. Es hat an den Vorderleuten gelegen. Aber es hat sicher mentale Auswirkungen auf die Mannschaft, die sich dann möglicherweise denkt: ‚Oje, jetzt können wir nicht gewinnen’. Also wieder reine Kopfsache? Ganz genau. Wie haben sich aus Ihrer Sicht die Nachwuchskräfte Marvin Flügel und Florian Assmann – den zurzeit verletzten Marco Bahmann nehme ich einmal aus – entwickelt? Simon Lorenz kann man da sicher mit dazu nehmen. Die lassen sich nichts anmerken. Sie rackern sich im Training ab für wenig Spielanteile. Aber ihre Zeit wird kommen, wenn die etablierten Spieler mal nicht in Form sind. Es gibt eben Tage, an denen etwas anderes verlangt wird. Gefordert sind in diesem Fall Geduld und harte Arbeit. Stichwort Simon Lorenz: Er war vor der Saison der einzige externe Neuzugang. Auch er hat sicher noch Entwicklungspotenzial, oder? Man darf ja auch nicht vergessen, dass er vorher zwei Ligen tiefer gespielt hat. Das ist ein riesiger Unterschied. Er kommt rein, und er gibt Vollgas. Mit Luft nach oben? Klar. Er darf halt nicht verkrampfen, weil er Angst hat, Fehler zu machen. Denn wenn das passiert, macht man erst recht Fehler. Wie sieht es mit der Personalie Christoph Hämmerle aus? Er war sehr lange Zeit verletzt und steht nun wieder im Kader. Gegen Köndringen/Teningen hat er gespielt und er kommt regelmäßig ins Training. Momentan ist er stabil, aber wir machen ihm keinen Stress. Das Gleiche gilt auch für Hans Jungwirth oder eben Marco Bahmann. Erneut ein Blick in die Statistik. Da hat Ihr Team die drittschlechteste Abwehr der Liga und steht in Sachen erzielte Tore auch auf einem der unteren Ränge. Sie hatten in der Vergangenheit bereits mehrfach in der Offensive mangelnde Durchschlagskraft festgestellt. Ja, nach zwei Spielen, in denen wir nur 19 Tore gemacht haben. In einigen Partien hatten wir Probleme mit offensiven Abwehrformationen. Wir haben aber eben keine Spieler in der Mannschaft, die den Ball aus zehn Metern einfach mal eben reinhauen können. Wir müssen uns jedes Tor hart erarbeiten. Aber das Wichtigste an der ganzen Sache ist, dass wir trotzdem bei 15 Punkten stehen. Es gibt solche Spiele, in denen man für 22 Tore nur 29 Angriffe braucht. Aber es gibt eben auch andere. Diese Ausgeglichenheit müssen wir besser hinbekommen. Die Rückrunde beginnt am 15. Januar recht ungewöhnlich. Das Heimspiel gegen Oppenweiler/Backnang findet am Freitagabend statt. Warum das? Wir probieren das einfach mal aus. Allerdings weiß ich tatsächlich nicht, ob die Halle am Samstagabend mit etwas anderem belegt ist. Aber Freitagabend ist doch auch gut, da hat man ein schönes, langes Wochenende vor sich. Kommt ganz darauf an, wie das Spiel ausgeht. . . Ja, das ist wohl richtig (lacht). Summa summarum wird es aber aller Voraussicht nach keine Rückrunde mehr geben wie die vergangene? Nein! Dafür fehlt es uns an Stabilität und Konstanz. Wir hätten nach der Hinrunde 14 Punkte haben sollen und hatten 13. Gegen Pforzheim zum Rückrundenauftakt hatte ich eigentlich keine Zähler eingeplant. Es gibt Kann-Spiele, es gibt Muss-Spiele und es gibt solche, in denen wir uns eher nichts ausrechnen. Dann liegen Sie jetzt einen Punkt im Plus, wenn man so will? Genau. Und wenn wir in der Rückrunde insgesamt 16 Punkte holen, sollte das reichen. Ein Punkteverhältnis von 30:30 reicht also sicher zum Klassenverbleib? Wenn wir damit absteigen ist es sowieso egal, weil dann irgendetwas schiefgelaufen ist. Aber jetzt ist Winterpause: Was macht die Konkurrenz? Holen die Spieler? Verletzt sich bei uns jemand? Wichtig ist da bei uns die Trainingssteuerung. Die Trainingssteuerung? Ja. Wenn man bemerkt, dass ein Spieler unrund läuft, unternehmen wir da sofort etwas dagegen. Das funktioniert in enger Zusammenarbeit mit Jens Babel, unserem Athletiktrainer. Wenn so etwas vorkommt, verordnen wir dem Spieler schon mal eine Woche Trainingspause. Und Neuzugänge? Gibt es Gespräche? Nein. Es sind alle fit bei uns. Und über Weihnachten hatten auch die Angeschlagenen genug Zeit, um sich zu erholen. Außerdem wäre es wahrscheinlich unermesslich teuer, die Mannschaft in der Winterpause zu verstärken. Schauen Sie eigentlich auf die zweite Mannschaft, wenn es um potenzielle Verstärkungen geht? Ja, das tue ich. Nico Dömötör hat ja auch schon bei uns gespielt. Auch Marvin Flügel und Florian Assmann waren in der Reserve dabei. Aber die Zweite hat momentan selbst genug Probleme, da wäre es der falsche Augenblick. Wenn Torwart Max Schneider bei uns aushelfen muss, dann hoffentlich nicht wegen einer Verletzung. Zum Schluss: Die Mannschaft hatte über Weihnachten trainingsfrei, es geht erst am 4. Januar wieder los. Stört das vielleicht den Rhythmus? Immerhin war das Team nun gut in Fahrt. Vielleicht schon. Aber ich kenne das von mir selbst: Wenn ich nach zwei Wochen Pause wieder in die Halle gekommen bin, dann war ich deutlich fitter. Es ist gut, dass die Jungs jetzt etwas Zeit für die Familie hatten und mal wegfahren konnten. Überhaupt nicht an Handball zu denken, funktioniert sowieso nicht. Denn sie müssen sich ja weiterhin fit halten und Krafttraining machen. Aber zumindest sehen sie mal eine Zeit lang keinen Ball

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